Paul-Gerhardt-Kirche - Rund um die Taufe

Durch die linke Seite des Altarraums wird unser Blick in einem seichten Bogen hin zum Fenster geführt. Auf diesem Weg begegnet uns zunächst die Osterkerze, das „lumen Christi“ (Licht Christi). Sie wird jedes Jahr Ostern neu entzündet als Zeichen der Gegenwart des auferstandenen Herrn. Die Osterkerze brennt während der gesamten Osterzeit in jedem Gottesdienst, bis zum Himmelfahrtstag. Denn während dieser Zeit war der Auferstandene Christus seinen Jüngern gegenwärtig und begenete ihnen vielfältig auf Erden (Apostelgeschichte 1,3): Ihnen zeigte er sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes.

Der Leuchter für die Osterkerze wurde von der Hamburger Bildhauerin Ursula Querner (1921 bis 1969) geschaffen. Die beiden Buchstaben A und Ω (Alpha und Omega) auf der Osterkerze sind der erste und letzte Buchstabe des griechischen Alphabets. Er ist das A und O, der Anfang und das Ende. So lesen wir es in der Offenbarung des Johannes (22, 13):
„Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.“
Zwischen diesen beiden Buchstaben steht das Kreuz, sozusagen als „Erdung“ des Heilsgeschehens: Gott ist in Christus Mensch geworden und hat zu unserer Erlösung den Weg ans Kreuz auf sich genommen.

Die Osterkerze wird auch immer dann entzündet, wenn wir eine Taufe feiern. So steht denn neben der Osterkerze das Taufbecken (auch dieses ist von der Bildhauerin Ursula Querner geschaffen), denn sie gehören beide zusammen. Ebenso brennt sie bei Beerdigungen, wenn wir uns vom Verstorbenen verabschieden und ihn im Gebet dem Auferstandenen anvertrauen.

Auf dem Grund der aus Bronze gegossenen Taufschale ist ein Fisch abgebildet. „Ichthys“ ist das griechische Wort für Fisch; es besteht gleichzeitig aus den Anfangsbuchstaben des griechischen Satzes „Jesus Christus, Gottes Sohn – Retter“. So wurde der Fisch schon früh zu einem christlichen Symbol und Bekenntnis.

Jesus selbst hat nicht getauft; er wurde zu Beginn seines öffentlichen Wirkens von Johannes im Jordan getauft (Markus 1, 9-11):

„Und es begab sich zu der Zeit, dass Jesus aus Nazareth in Galiläa kam und ließ sich taufen von Johannes im Jordan. Und alsbald, als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass sich der Himmel auftat und der Geist wie eine Taube herabkam auf ihn. Und da geschah eine Stimme vom Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“

Unsere Taufe ist davon unterschieden, denn sie bezieht sich nicht auf die Taufe Christi, sondern auf seinen Tod und seine Auferstehung, wie Paulus es in seinem Brief an die Römer (6,3-8) beschreibt:

„Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleich geworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, so dass wir hinfort der Sünde nicht dienen. Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden.“

Ein besonderer Termin für Taufen war schon immer die Osternacht, denn die Feier der Osternacht ist in ihrer liturgischen Gestalt und Bedeutung von Alters her der Ort christlicher Initiation (Einführung in den Glauben). In ihr wird das zentrale Geheimnis des christlichen Glaubens - Tod und Auferstehung Jesu Christi - feierlich begangen. Hier werden alle Versammelten an ihre Taufe erinnert und zum Bekenntnis ihres Glaubens aufgefordert. Mit der Taufe beginnt Gott ein niemals endendes, durch seine bedingungslose Liebe geprägtes Verhältnis zu dem Menschen, der getauft wird. Dem Täufling wird von Gott durch die Taufe ein durch nichts anderes zu ersetzender Wert zugesprochen: die Gotteskindschaft und die Teilhabe am ewigen Leben. An der Osterkerze wird die Taufkerze entzündet und den Neugetauften übergeben. Damit bekommt der Täufling Anteil am Licht Christi und er wird in die Tradition (Überlieferung) des Glaubens und die Gemeinschaft der Kirche eingereiht. Er hält jetzt das österliche Licht in Händen. Jesus Christus, das Licht der Welt, wird ihm auf seinem weiteren Lebensweg leuchten und kann von ihm überall hingetragen werden, wo Dunkelheit das Leben beherrscht.

Das Weitergeben dieses Lichts in der Taufe ist auch der Auftrag, der vom Auferstandenen an uns ergeht (Matthäus 28,18-20):
„Und Jesus trat herzu und sprach zu seinen Jüngern: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

Das lenkt unseren Blick auf die Weltkugel mit dem Lichterkranz. Dies ist die jüngste Anschaffung in unserer Kirche. Das Kreuz auf der Weltkugel verweist auf die Herrschaft Christi über die Welt, für die wir selbst ein Licht entzünden können als Zeichen der Fürbitte für andere Menschen, damit das Licht Christi auch in ihr Leben hineinstrahlt und es mit seinem lebendigen Schein erhellt. Was wir selbst in der Taufe empfangen haben, soll sich in unserem Leben und in der Welt auswirken, wir selbst sollen für andere zum Licht werden und so auf das viel größere Licht von Ostern, das Licht Christi, verweisen.

(© Text und Fotos: Anne Benz)